Kurlaub in Czechien

sachverstand2 @ geocities.com

Di, 21.06.93


1. Di

Aaa. hat ihre Prüfungen letzten Donnerstag beendet. Mit dem Ergebnis war sie unzufrieden. Allerdings hat sie ein gewisser W. am Montag auch falsch bewertet; was sie in der Folge aus der Bahn warf, so daß sie nicht so gut war, wie sie hätte sein können. Im Diplom steht nun eine Zwei - na gut -, aber es stehen auch zwei Dreien drin.

Ihre Sorge, das würde Michel etwas ausmachen, erwies sich als unbegründet, da Michel über sie von W. etwas will und deshalb weiterhin sehr an ihr interessiert ist.

Mich riß am Freitag ein Anruf aus'm Schlaf: ob ich nicht Lust hätte, am Institut für Elektrowärme eine ABM-Stelle zu besetzen. Die Bewerbungsunterlagen gab ich am Montag ab, während Aaa. mit M und W inner ''Besprechung'' saß, und seitdem haben wir uns aufs Wegfahren vorbereitet.

17:00 war's dann endlich soweit, und über Hildesheim und den Harz richteten wir unsere Vorderräder gegen die FNB. Abends kamen wir im Dunkeln am Kiffhäuser an: auf einem korrekt eingerichteten, billigen C-Platz mit verständnisvollem Personal. Wir setzten die insektenverklebten Helme ab und bauten das Zelt im Licht der Moped-Scheinwerfer auf.

2. Mi

Die Straßen in der DDR sind nur was für harte Leute resp. weiche Fahrwerke. Wer sich dahin traut, läßt am besten das Öl aus den Dämpfern und befestigt seine Koffer erdbebensicher.

Im wesentlichen gibt es drei Sorten Straßen: asphaltierte, Kopfsteinpflaster und Im Bau.

Pflastern konnten die schon! An manchen Stellen sind Mittelstreifen oder Zebrastreifen eingepflastert. Auch wird das Fahren nie langweilig, sagt Aaa.: Wenn's auch keine Kurven hat, geht's doch immer rauf und runter.

Der Kurvenhalt auf Pflaster ist systembedingt gering. Den Asphaltstraßen ist in dieser Hinsicht aber genausowenig zuzutrauen: Löcher der runden und länglichen Art, Asphaltfleck auf -fleck auf -fleck sowie die Rollsplitt- und Schotterhaufen legen beschauliche Fahrweise nahe.

Die über den Kiffhäuser jedenfalls ist neu gemacht, und ich fuhr sie entsprechend. Außer es war mal wieder ein Bus oder Trabi unterwegs...

Wir standen dann am Fuß der Burg, glotzten auf den Lageplan und beschlossen, das lieber nicht anzugucken.

Hernach rasten wir durch Thüringen, welches sich grün und hügelig präsentierte, mit viel Wald und vielen Baumärkten. In Weimar machten wir Station, liefen ein bißchen herum und kauften Eiskaffee und Reiseführer. Einer davon war von Ex-DDRlern geschrieben: ''Was ist das Gefährlichste in den FNB? - Die Trabis; sie haben nichts zu verlieren außer ihre Pappen.''

Über einen Feldweg, der ein Bundesstraßennummernschild trug, erreichten wir schließlich die Sächsische Schweiz. ''Wir haben fünf Schweizen im Land. Wir sind schon fast neutral.'' Der Campingplatz war geschlossen; pennten wir halt auf dem Parkplatz davor, woran sich kein Schwein störte.

3. Do

Nach 60 km hätten wir fast die Grenze übersehen. Reisedokumente sehen wollte keiner, ergo ging's an den Gartenzwergen, Wechselstuben, Klamotten, Zigaretten und Frauen vorbei runter vom Gebirge nach Komutow. Gleich wieder raus und Kurs genommen auf die zahllosen Vulkangipfel südlich von Teplitz.

Kein Verkehr (höchstens mal ein Trecker), Kurven und Straßen gut (gemessen an FNB): wir tobten da fast den ganzen Tag herum.

Nachmittags fanden wir auch noch den C-Platz im Westen von T, mit Schwimmbad und Restaurant. Ich betrank mich für zwei Maak.

Nebenan wohnten 3 Zonis in 3 Zelten, die abends losfuhren und 3 Prostituierte anschleppten. Hoffentlich bleiben die nicht die ganze Nacht, sagte Aaa.; fürs erste fuhren wir aber weg und speisten im ersten Haus am Platz, dem Prince de Ligne, mit Aussicht auf'n Marktplatz.

Die Nacht war ruhig.

Merkwürdigerweise haben wir keine Vibrationsschäden im Gebiß oder in den Händen. Ich versuche Aaa. zu überzeugen, daß GS 400s Soft-Tourer sind.

4. Fr

Aaa. hat herausgefunden, daß die Wunderbare Felsenwelt von Teplitz bei dem Teplitz 200 km östlich liegt. Ergo rasten wir erstmal über die kalte Hochebene nördlich von unserem Teplitz, kamen an den schwarzen singulären Felsen von Asti vorbei und spielten ein bißchen mit einem Bergwerks-Luftschacht, dessen Tiefe wir zu 125-130 m bestimmten.

Meines Erachtens sind GS 400s Soft-Enduros, wie die Zufahrt zum Luftschacht zeigt.

Etwas später finden wir eine Gaststätte mit Kotteletts und Palatschinken... und noch etwas später streikt meine Kupplung: die Bastelei verklemmt sich mit der Druckstange und umgekehrt. Das kostet uns 15 min Basteln.

Zur Panska Skala (Steinorgel) schaffen wir's aber und finden unterwegs, beim Pinkeln, noch einen alten, verwüsteten deutschen Friedhof.

Abends, auf der Rückfahrt durch nette Gegend in die untergehende Sonne hinein, fressen wir in Usti nad Labe furchtbar leckere Sachen. Die Czechei ist gefährlich; für Leute wie uns kann sie 0.5 kg Körpergewichtszunahme pro Tag bedeuten.

Aaa. findet heraus, daß die Gegend hier ein Industriegebiet ist. Das Werk neben dem C-Platz ist eine Glashütte, und die vielen Schornsteine gehören zu den Braunkohlekraftwerken. Wir haben ja auch einen Tagebau gesehen. - Na und, schön isses hier allemal, die Sachen kosten ein Fünftel ihres Wertes, und Spaß ohne Streß gibt's reichlich. Außerdem müssen wir morgen sowieso zurück. Hier isses aber wirklich fast grüner und waldreicher als in der Eilenriede.

5. Sa

In Teplitz gibt es keine Postkarten, aber Bullen, die recht gut deutsch können und das falsche Befahren von Einbahnstraßen sofort mit DM 5,- pro Person ahnden.

Widerlich, wie die Sachsen an der Grenze den dicken Max raushängen lassen. In CZ wars heute besonders warm; in Sachsen ist es nur noch heiß. Brutal heiß. In Dresden kann man auch nicht Motorrad fahren wg. Stau; wir tropfen.

Aaa.s Susi braucht Öl, meine nicht; verdächtig, verdächtig.

Dresden lassen wir liegen und fahren über die BAB nach Leipzig. Das wollten wir eigentlich auch liegen lassen, aber dann will ich mir doch das Völkerschlachtdenkmal angucken: zum ersten- und letztenmal.

Die Straßen von Leipzig sind wie überall im Ostblock; die Häuser aber viel größer, wodurch L auf mich aufgeräumter wirkt. Bin halt doch Gigantomane.

Das Denkmal wirkt kleiner als es ist, da das Riesending aus Riesensteinen gebaut ist. Wie der Leibniztempel im Georgengarten, nur massiver, schwarz und 50mal größer. Der Teich davor ist rechteckig und nur 1 m tief (na gut), und es findet gerade ein Fischerstechen statt: Panzerkreuzer Potemkin gegen Europa oder die Bier(r)atten. Die Gefährte sind abenteuerlich: Aluleitern, Betten, Ölfässer, alles mit Trabi- oder Treckerreifern zum Schwimmen gebracht und mit Wimpeln und Kostümen versehen. 2 Leute schieben das Gerät, einer steht und versucht seinen stehenden Gegner mit einer 3m-Plasikstange, an der vorne ein Boxhandschuh befestigt ist, ins Wasser zu werfen, während der Kommentator und Schiedsrichter in einem Schlauchboot drumherum gerudert wird.

Wir verzichten auf die Pool-Party, nehmen statt dem einen 30/32er Ringschlüssel von der Straße mit und durchqueren Bitterfeld und Wolfen. Aaa. sagt, hier riecht es wie in den chemischen Labors an der Uni. Sehen kann ich nichts außer Braunkohlebaggern; im Gegensatz zur sonstigen sachsen-anhaltinischen Ebene, wo man den nächsten Staatsfeind schon auf 3 km sieht, ist hier alles voll mit Büschen und Hecken.

Im Schicki-Dorf Dessau steht gegenüber dem Bahnhof ein riesengroßer, nagelneuer Klotz von Hotel. Ich bin ganz erschlagen, nachdem ich die Toiletten gefunden habe, und fühle mich so an die rumänischen Klasse-1-Hotels erinnert.

20 km westlich ist Sumpf und der mückenreichste, teuerste und duschenfreiste C-Platz der ganzen Tour. Schwamm drüber.

6. So

Aaa. will nochmal zum Kiffhäuser. An der Auffahrt rechne ich ihrvor, daß wir dann erst spät in H ankommen; daß das ganze eine Tagestour ab H darstellt, kippen wir das und brausen über den Harz zurück.

Vor Braunlage schieben zwei Zonis ihre 150er ETZ: Sprit ist alle. Wir geben ihnen etwas ab, und'n Schluck Öl. Ferner bringen wir ihnen bei, Öl und Benzin an Aral-Tanken getrennt zu erwerben und es im Tank zu mischen. Wir drehen nacheinander eine Runde auf dem Ding: die Vorderradbremse geht nicht, aber ansonsten haben Zweitakter was.

Am Torfhaus stehen dröge Mopedfahrer herum, rauchen und langweilen sich. Keine einzige GS 400; kein Moped, das ich gegen meine eingetauscht hätte. Unergiebig.

Ab Seesen nehmen wir die BAB.

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Kurlaub in Czechien

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