Sonnenfinsternisse bei den äusseren Planeten
des Sonnensystems
Autor: Heinz Liechti,
Mitglied der ACS, NSCS, The Planetary Society, New York Academy of Sciences
Adresse: Centro Comercial, AP C-53, Managua, Nicaragua
Fax: 00505-279-9653
e-mail: heinz-liechti@scientist.com
http://www.geocities.com/ciencia_farma
Einleitung
Im Sonne/Erde/Mond-System gehören Sonnenfinsternisse
sicher zu den faszinierendsten Ereignissen. Vielleicht sind es
die schönsten, aber es sind nicht die Einzigen im Sonnensystem.
Die galileischen Monde Jupiters, die grösseren Monde von
Saturn und Uranus, sowie das Zwillingspaar Pluto und Charon weisen
ein raffiniertes Spiel von Sonnenfinsternissen auf. Im vorliegenden
Beitrag werden primär nicht Verdeckungen abgehandelt, welcher
der jeweilige Riesenplanet seinen Monden beschert, sondern vorwiegend
die Sonnenfinsternisse, welche die verschiedenen Monde untereinander
verursachen. Phobos und Deimos sind zu klein, ebenso die inneren
Monde von Neptun, mit Ausnahme natürlich von Triton. Letzterer
ist deshalb nicht im Blickwinkel dieses Beitrages. Die hier aufgeführten
Eklipsen sind nur einige konkrete Beispiele. Ich hoffe, die SUW-LeserInnen
werden weitere ermitteln.
Das Spiel der Sonnenfinsternisse
Managua, 11. Juli 1991, 14:02 Uhr, nach dem letzten
explosionsartigen Aufleuchten des Diamantrings, deckt nun die
Mondscheibe die Sonne völlig ab und in der mystischen Nacht,
mit rosa- und grünfarbenem Schleier um den Mond sind plötzlich
Merkur, Jupiter, Mars und Venus zu sehen. Die vollen 6 Minuten,
während denen ich dieses einzigartige Ereignis geniessen
konnte, liessen mir keine Ruhe mehr 4). Die Frage war:
Ist es z.B. möglich, dass der Jupitermond Europa auf Io eine
Sonnenfinsternis verursacht, oder dass Titan Saturns "Frau"
Rhea verdeckt und wie würde Charon Pluto verfinstern ? Das
Resultat: Schade dass wir dies (noch) nicht selbst "live"
geniessen können. Nach ersten Berechnungen mit einfacheren
Astronomieprogrammen 1),2), glaubte ich zuerst, dass
diese Eklipsen, z.B. zwischen Io und Europa fast wöchentlich
vorkommen würden. Die enormen Distanzen der äusseren
Planeten zur Sonne (ca. 5, 10, 20, 40 mal weiter als die Erde),
deren Lichtschwäche und die relativen Grössenverhältnisse
zwischen Sonnenscheibe und Monden, machen eine Finsternis ja einiges
weniger kritisch, als zwischen Mond und Erde. Simulationen mit
dem "Solar System Simulator", SSS, des JPL 3)
, zeigten dann aber bald, dass die genaue Ausrichtung des Planet-Mond-Mond-Systems
zur Ekliptik, nur ganz wenige Sonnenfinsternisse ermöglicht,
nach Jahren oder manchmal sogar Jahrzehnten, je nach Planet. Alle
grösseren Satelliten des Sonnensystems, auch der Erdmond,
sind an ihren Planeten schwerkraftmässig angekoppelt (tidally
locked); d.h. eine Mondseite ist dem Planeten immer zu-, die andere
abgewandt. Die konkreten Auswirkungen auf dem jeweiligen Mond
sollen anschaulich beschrieben werden, in den Tagen der Eklipse.
Jupiter: Jupiter ist,
zusammen mit dem Erde-Mondsystem sicher der Planet mit den häufigsten
Mondverfinsterungen im Sonnensystem.
Europa-Ganymed: 6.2.2003,
20:00 Uhr, auf der Jupiter zugewandten Seite Ganymed's, herrscht
während mehr als 3 Tagen eine faszinierende Nacht. Am Himmel
leuchten grell beschienen, Europa, Jupiter und Io. Am 9.2. ist
dann sonniger Tag, welcher aber am Folgenden für einige Stunden
unterbrochen wird, dann verdecket Jupiter einen Grossteil des
Firmaments. Darauf folgt wieder Sonnenschein. Am 11.2., 2:45 Uhr
verfinstert Europa die Sonne, für wenige Minuten. Aufgrund
der Distanz von mehr als 1 Mio. km, ist das Schauspiel aber etwas
flüchtig. (siehe Fig. 3 & 4).
Insgesammt kommen zwischen Io, Europa, Ganymed und
Callisto verschiedene Kombinationen von Sonnenfinsternissen vor,
sowohl die "Aeusseren", d.h. auf der abgewandten, wie
auch die "Inneren" auf der zugewandten Seite. Neben
totalen kommen auch partielle Eklipsen vor, nur annulare gibt
es natürlich nicht. Gewisse Erreignisse haben eine äusserst
seltene Frequenz.
Saturn: Zu Ueberraschungen führt die in diesem System starke Bahnneigung von 26.7° und die ca. 30 jährige Umlaufszeit. Nur ca.alle 15 Jahre "zeigt" sich Saturn der Sonne von der "Kannte" (edge on) her und sind deshalb Eklipsen möglich. Da das Saturnsystem sehr viele, relativ grössere Monde aufweist (u.a. auch Trojanische !), währe es interessant, viele weitere Möglichkeiten durchzurechnen. Aufgrund der grösseren Bahnneigung von Japetus, dürfte er nur sehr selten an Sonnenfinsternissen teilnehmen. Von Mimas ausgesehen, könnten in bestimmten Lagen sicher auch partielle Ring-Eklipsenphänome sehr zaubervoll und wirklich einzigartig sein.
Titan-Dione: Am 3.8.2009,
12:15 Uhr, kommt es auf Dione's abgewandter Seite zu einer von
Titan verursachten Sonnenfinsternis. Obschon ca. 850'000 km entfernt,
sollte dieser grösste Mond des Sonnensystems dank seiner
Atmosphäre sicher ein eindrückliches, mit Lichtbrechungsefekten
verschönertes Schauspiel bieten. (siehe Fig. 5)
Dione-Rhea: Aehnlich dem
Beispiel Ganymed, ist dies eine Eklipse von der "zugewandten"
Seite ausgesehen, welche aufgrund der delikaten Bahn- und Distanzverhältnisse
nur 1 min. dauert zu kurz, als dass sie vom 5 min. Intervall des
SSS erfasst werden könnte. Am 21.5.2025, 8:34 Uhr, verfinstert
die kleinere Dione den Himmel auf Rhea und lässt das Ringsystem
im reflektierten Gegensonnenlicht sicher phantastisch aufleuchten
(siehe Fig. 6).
Uranus: Aufgrund der langen
Umlaufszeit und der extremen Bahnneigung von 98°, sind Sonnenfinsternisse
in diesem System noch seltener, nur ca. alle 42 Jahre. Der Verdeckungsvorgang
ist recht "exotisch", er findet dann, fast vertikal
zur Ekliptik, von "Unten nach Oben" und 42 Jahre später
von "Oben nach Unten" statt. So verfinstert am 5.2.2050,
4:25 Uhr Titania den Himmel Umbriel's, 3 Tage später
dann, am 8.2. um 8:50 Uhr, verdeckt Umbriel Titania, fast
eine "Revanche". Am nächsten Tag, 9.2., doppelt
Ariel nach und schiebt sich um 20:25 Uhr vor Titania.
(siehe stellvertretend Fig. 7).
Pluto-Charon: Diese beiden
Objekte können als echtes Binärsystem aufgefasst werden,
mit einem ausgezeichneten Verhältnis von relativer Grösse
und Distanz. Da die Sonne zu einer punktförmigen Lichtquelle
geworden ist, ist die gegenseitige Sonnenverdeckung (oder sollte
man schon beinahe von Sternokkultation sprechen ?) sehr vollständig.
Die starke Neigung der Plutobahn zur Ekliptik und eine zusätzliche
extreme Orbitalneigung von Charon, führen trotzdem zu komlpexen
Verhältnissen. 1986, ca. bei seiner grössten Sonnenannäherung,
fand eine hübsche Finsternis statt. Am 21.11. um 10:30 verdeckte
Pluto Charon. Dank seiner kurzen Umlaufszeit von 6.7 Tagen,
revanchierte sich Charon 3 Tage darauf, am 24.11.86 um
14:00 Uhr, indem er Pluto's Himmel verfinsterte. Da die
beiden ebenfalls gravitationell gekoppelt sind, ist dieser Vorgang
nur auf den sich zugewandten Seiten zu bewundern. "Besucher"
auf der abgewandten Seite, kommen nie in den Genuss einer Eklipse
und wissen nicht einmal von der Existenz ihres Zwillingsgestirns,
es sei denn sie seien aufmerksame astronomische Beobachter und/oder
SWU-Leser. (siehe Fig. 8)
Hinweise: Zeitangaben:
GMT. Gesichtsfeld, normalerweise 1° oder 2°. Fig. 2,
5, 8, sind im Negativ. Die Planeten (Ekliptik) und Mondbahnen
sind im Positiv als weisse, im Negativ als schwarze Linien ersichtlich
und erleichtern die Orientierung).
Referenzen:
1.) Programm, Astronum, Vers. 1.2, 1993, Dieter Schimmrich
2.) Programm, EZCosmos, Vers. 4.01, 1993, Software Bisque Inc.
3.) http://space.jpl.nasa.gov, Solar System Simulator
4.) http://www.jpl.nasa.gov/galileo/chat/chat960813_1.html , Galileo WebChat
13.8.1996