Artikel für die Astronomie Zeitschrift

STERNE UND WELTRAUM

akzeptiert zur Publikation im Juni 1999

Veröffentlichung noch ausstehend

Sonnenfinsternisse bei den äusseren Planeten des Sonnensystems

Autor: Heinz Liechti,

Mitglied der ACS, NSCS, The Planetary Society, New York Academy of Sciences

Adresse: Centro Comercial, AP C-53, Managua, Nicaragua

Fax: 00505-279-9653

e-mail: heinz-liechti@scientist.com

http://www.geocities.com/ciencia_farma

Einleitung

Im Sonne/Erde/Mond-System gehören Sonnenfinsternisse sicher zu den faszinierendsten Ereignissen. Vielleicht sind es die schönsten, aber es sind nicht die Einzigen im Sonnensystem. Die galileischen Monde Jupiters, die grösseren Monde von Saturn und Uranus, sowie das Zwillingspaar Pluto und Charon weisen ein raffiniertes Spiel von Sonnenfinsternissen auf. Im vorliegenden Beitrag werden primär nicht Verdeckungen abgehandelt, welcher der jeweilige Riesenplanet seinen Monden beschert, sondern vorwiegend die Sonnenfinsternisse, welche die verschiedenen Monde untereinander verursachen. Phobos und Deimos sind zu klein, ebenso die inneren Monde von Neptun, mit Ausnahme natürlich von Triton. Letzterer ist deshalb nicht im Blickwinkel dieses Beitrages. Die hier aufgeführten Eklipsen sind nur einige konkrete Beispiele. Ich hoffe, die SUW-LeserInnen werden weitere ermitteln.

Das Spiel der Sonnenfinsternisse

Managua, 11. Juli 1991, 14:02 Uhr, nach dem letzten explosionsartigen Aufleuchten des Diamantrings, deckt nun die Mondscheibe die Sonne völlig ab und in der mystischen Nacht, mit rosa- und grünfarbenem Schleier um den Mond sind plötzlich Merkur, Jupiter, Mars und Venus zu sehen. Die vollen 6 Minuten, während denen ich dieses einzigartige Ereignis geniessen konnte, liessen mir keine Ruhe mehr 4). Die Frage war: Ist es z.B. möglich, dass der Jupitermond Europa auf Io eine Sonnenfinsternis verursacht, oder dass Titan Saturns "Frau" Rhea verdeckt und wie würde Charon Pluto verfinstern ? Das Resultat: Schade dass wir dies (noch) nicht selbst "live" geniessen können. Nach ersten Berechnungen mit einfacheren Astronomieprogrammen 1),2), glaubte ich zuerst, dass diese Eklipsen, z.B. zwischen Io und Europa fast wöchentlich vorkommen würden. Die enormen Distanzen der äusseren Planeten zur Sonne (ca. 5, 10, 20, 40 mal weiter als die Erde), deren Lichtschwäche und die relativen Grössenverhältnisse zwischen Sonnenscheibe und Monden, machen eine Finsternis ja einiges weniger kritisch, als zwischen Mond und Erde. Simulationen mit dem "Solar System Simulator", SSS, des JPL 3) , zeigten dann aber bald, dass die genaue Ausrichtung des Planet-Mond-Mond-Systems zur Ekliptik, nur ganz wenige Sonnenfinsternisse ermöglicht, nach Jahren oder manchmal sogar Jahrzehnten, je nach Planet. Alle grösseren Satelliten des Sonnensystems, auch der Erdmond, sind an ihren Planeten schwerkraftmässig angekoppelt (tidally locked); d.h. eine Mondseite ist dem Planeten immer zu-, die andere abgewandt. Die konkreten Auswirkungen auf dem jeweiligen Mond sollen anschaulich beschrieben werden, in den Tagen der Eklipse.

Jupiter: Jupiter ist, zusammen mit dem Erde-Mondsystem sicher der Planet mit den häufigsten Mondverfinsterungen im Sonnensystem.

Europa-Io: 1.2.97, 22:30 Uhr, auf Io's abgewandter Seite, - welche wie der der Erdmond -, nie ihren Mutterplaneten zu Gesicht bekommt herrscht Nacht, während 21.5 Stunden, nur Ganymed leuchtet hell am Himmel. 2.2.97, 9:00 Uhr, die Sonne scheint (normalerweise auch 21.5 Stunden), fast wie auf der Erde, nur 25 mal schwächer. Dann, um 14:00 Uhr verdeckt Europa, in ca. 350'000 km Entfernung, für wenige Minuten die Sonne, eine perfekte Finsternis, fast gleich wie 'unsere' Mond. (siehe Fig. 1 & 2).








Europa-Ganymed: 6.2.2003, 20:00 Uhr, auf der Jupiter zugewandten Seite Ganymed's, herrscht während mehr als 3 Tagen eine faszinierende Nacht. Am Himmel leuchten grell beschienen, Europa, Jupiter und Io. Am 9.2. ist dann sonniger Tag, welcher aber am Folgenden für einige Stunden unterbrochen wird, dann verdecket Jupiter einen Grossteil des Firmaments. Darauf folgt wieder Sonnenschein. Am 11.2., 2:45 Uhr verfinstert Europa die Sonne, für wenige Minuten. Aufgrund der Distanz von mehr als 1 Mio. km, ist das Schauspiel aber etwas flüchtig. (siehe Fig. 3 & 4).


Insgesammt kommen zwischen Io, Europa, Ganymed und Callisto verschiedene Kombinationen von Sonnenfinsternissen vor, sowohl die "Aeusseren", d.h. auf der abgewandten, wie auch die "Inneren" auf der zugewandten Seite. Neben totalen kommen auch partielle Eklipsen vor, nur annulare gibt es natürlich nicht. Gewisse Erreignisse haben eine äusserst seltene Frequenz.

Saturn: Zu Ueberraschungen führt die in diesem System starke Bahnneigung von 26.7° und die ca. 30 jährige Umlaufszeit. Nur ca.alle 15 Jahre "zeigt" sich Saturn der Sonne von der "Kannte" (edge on) her und sind deshalb Eklipsen möglich. Da das Saturnsystem sehr viele, relativ grössere Monde aufweist (u.a. auch Trojanische !), währe es interessant, viele weitere Möglichkeiten durchzurechnen. Aufgrund der grösseren Bahnneigung von Japetus, dürfte er nur sehr selten an Sonnenfinsternissen teilnehmen. Von Mimas ausgesehen, könnten in bestimmten Lagen sicher auch partielle Ring-Eklipsenphänome sehr zaubervoll und wirklich einzigartig sein.

Titan-Dione: Am 3.8.2009, 12:15 Uhr, kommt es auf Dione's abgewandter Seite zu einer von Titan verursachten Sonnenfinsternis. Obschon ca. 850'000 km entfernt, sollte dieser grösste Mond des Sonnensystems dank seiner Atmosphäre sicher ein eindrückliches, mit Lichtbrechungsefekten verschönertes Schauspiel bieten. (siehe Fig. 5)


Dione-Rhea: Aehnlich dem Beispiel Ganymed, ist dies eine Eklipse von der "zugewandten" Seite ausgesehen, welche aufgrund der delikaten Bahn- und Distanzverhältnisse nur 1 min. dauert zu kurz, als dass sie vom 5 min. Intervall des SSS erfasst werden könnte. Am 21.5.2025, 8:34 Uhr, verfinstert die kleinere Dione den Himmel auf Rhea und lässt das Ringsystem im reflektierten Gegensonnenlicht sicher phantastisch aufleuchten (siehe Fig. 6).


Uranus: Aufgrund der langen Umlaufszeit und der extremen Bahnneigung von 98°, sind Sonnenfinsternisse in diesem System noch seltener, nur ca. alle 42 Jahre. Der Verdeckungsvorgang ist recht "exotisch", er findet dann, fast vertikal zur Ekliptik, von "Unten nach Oben" und 42 Jahre später von "Oben nach Unten" statt. So verfinstert am 5.2.2050, 4:25 Uhr Titania den Himmel Umbriel's, 3 Tage später dann, am 8.2. um 8:50 Uhr, verdeckt Umbriel Titania, fast eine "Revanche". Am nächsten Tag, 9.2., doppelt Ariel nach und schiebt sich um 20:25 Uhr vor Titania. (siehe stellvertretend Fig. 7).


Pluto-Charon: Diese beiden Objekte können als echtes Binärsystem aufgefasst werden, mit einem ausgezeichneten Verhältnis von relativer Grösse und Distanz. Da die Sonne zu einer punktförmigen Lichtquelle geworden ist, ist die gegenseitige Sonnenverdeckung (oder sollte man schon beinahe von Sternokkultation sprechen ?) sehr vollständig. Die starke Neigung der Plutobahn zur Ekliptik und eine zusätzliche extreme Orbitalneigung von Charon, führen trotzdem zu komlpexen Verhältnissen. 1986, ca. bei seiner grössten Sonnenannäherung, fand eine hübsche Finsternis statt. Am 21.11. um 10:30 verdeckte Pluto Charon. Dank seiner kurzen Umlaufszeit von 6.7 Tagen, revanchierte sich Charon 3 Tage darauf, am 24.11.86 um 14:00 Uhr, indem er Pluto's Himmel verfinsterte. Da die beiden ebenfalls gravitationell gekoppelt sind, ist dieser Vorgang nur auf den sich zugewandten Seiten zu bewundern. "Besucher" auf der abgewandten Seite, kommen nie in den Genuss einer Eklipse und wissen nicht einmal von der Existenz ihres Zwillingsgestirns, es sei denn sie seien aufmerksame astronomische Beobachter und/oder SWU-Leser. (siehe Fig. 8)


Hinweise: Zeitangaben: GMT. Gesichtsfeld, normalerweise 1° oder 2°. Fig. 2, 5, 8, sind im Negativ. Die Planeten (Ekliptik) und Mondbahnen sind im Positiv als weisse, im Negativ als schwarze Linien ersichtlich und erleichtern die Orientierung).

Referenzen:

1.) Programm, Astronum, Vers. 1.2, 1993, Dieter Schimmrich

2.) Programm, EZCosmos, Vers. 4.01, 1993, Software Bisque Inc.

3.) http://space.jpl.nasa.gov, Solar System Simulator

4.) http://www.jpl.nasa.gov/galileo/chat/chat960813_1.html , Galileo WebChat 13.8.1996