Kosovo: Bombenangriffe sofort einstellen!
Die NATO zeigt sich in Jugoslawien zur Zeit von ihrer besten Seite: Trotz der Annahme des G8-Friedensplans durch
die Regierung in Belgrad setzt sie die Bombenangriffe auf Jugoslawien fort. Sie macht es damit der jugoslawischen
Regierung extrem schwer, ihre Streitkräfte tatsächlich aus dem Kosovo abzuziehen.
Wir fordern deswegen die NATO und die Bundesregierung auf, die Angriffe sofort einzustellen!
Wir begrüßen natürlich den Friedensschluß von Belgrad. Trotzdem sind wir auch weiterhin der
Auffassung, daß es keiner militärischen Mittel bedurft hätte, um zu einer Friedenslösung im
Kosovo zu kommen. Im Gegenteil: Der Friedensschluß jetzt konnte nur zustandekommen, weil Milosevic de facto
sein Ziel erreicht hat und einen Großteil der albanischen Bevölkerung im Kosovo vertrieben hat. Auch
bei einer Rückkehr der Flüchtlinge wird es zu einer "ethnisch sauberen" Teilung des Kosovo
in einen serbischen und einen albanischen Teil kommen, wahrscheinlich sogar zu einer tatsächlichen Teilung
in einen serbischen Teil und ein NATO-Protektorat.
Krieg ist wieder zu einem Mittel der Politik und einer legitimen Option zur Durchsetzung eigener Interessen geworden.
Neu ist lediglich die Begründung, den Krieg aus humanitären Gründen zu führen. Doch die hohe
Zahl der Opfer des Krieges und die Art, wie er geführt wurde, zeigen, daß dies nur das Deckmäntelchen
dafür war, den weltweiten Führungsanspruch der NATO durchzusetzen. Die Welt ist damit in die Zeit vor
der Etablierung des Völkerrechts zurückkatapultiert worden. Die Folgen sind unabsehbar: Eine große
Aufrüstungswelle wird zwangsläufig eine Folge dieses Krieges sein, da die militärische Verteidungsbereitschaft
wieder an Bedeutung gewonnen hat.
Wir lehnen die in den ersten Kriegstagen beschlossene neue NATO-Strategie, für die der Kosovo nur ein Testlauf
gewesen ist, ab. Es darf keine weitere Selbstmandatierung der NATO für Kampfeinsätze geben! Wir fordern,
die NATO aufzulösen. Die NATO kann nicht Garant eines gerechten Friedens sein, denn ihr Hauptziel ist die
Absicherung und Durchsetzung der Vormachtstellung der großen Industriestaaten. Unser Ziel bleibt die Auflösung
aller Armeen - weltweit. Weiterhin fordern wir die längst überfällige Reform und Stärkung der
UNO. Ihre Aufgabe war die Sicherung des Friedens und sie muß es wieder werden! Dies kann nicht die Aufgabe
einer selbsternannten Weltpolizei der westlichen Industriestaaten sein.
Wir fordern die EU auf, ihre wirtschaftlichen Versprechen in Jugoslawien diesmal auch einzuhalten und damit dazu
beizutragen, daß das Konfliktpotential auf dem Balkan reduziert wird. Zusätzlich muß den Balkanländern
eine verläßliche Option auf eine baldige Mitgliedschaft in der EU eröffnet werden. Dies gilt insbesondere
auch für Serbien! Wir fordern von der EU auch, sich endlich aktiv für die demokratische und nicht-nationalistischeOpposition
in Jugoslawien zu engagieren und so eine Demokratisierung des Landes voranzutreiben.
Wir fordern außerdem von der EU, auch weiterhin die Kosovoflüchtlinge auf dem Balkan wie in ihren Mitgliedsstaaten
zu unterstützen. Die Einstellung der Kämpfe darf keine Einstellung der Hilfe für die Flüchtlinge
bedeuten. Insbesondere, da der Wiederaufbau sich noch lange hinziehen wird.
Wir fordern die EU auf, ihre in Köln beschlossene gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) nicht
auf militärisches Drohpotential, sondern auf diplomatisches Geschick und zivile Konfliktlösungsmechanismen
aufzubauen. Wir befürchten allerdings, daß mit der Ernennung des NATO-Generalsekretärs Javier Solana
zum Hohen Repräsentaten für die GASP ein Signal in die falsche Richtung ausgesand worden ist. Solana
steht für die militärische Aurichtung der neuen NATO-Strategie, nicht für eine zivile GASP.
Wir fordern von der EU und ihren Mitgliedsstaaten endlich aktiv an einer europäischen Sicherheitsordnung im
Rahmen der OSZE unter Einbeziehung Rußlands zu arbeiten, die in der Lage ist, künftige Konflikte in
Europa friedlich zu lösen.
Dazu gehört, jetzt sehr schnell eine Art außenpolitisches Frühwarnzentrum einzurichten, in dem
mögliche Konflikte und Bürgerkriege erkannt werden können, bevor es zu einer Eskalation wie im Kosovo
oder in Bosnien-Herzegowina kommen kann. Bundesregierung, EU und UNO müssen außerdem einen zivilen Konfliktlösungsdienst
aufbauen, der sie in die Lage versetzt, schon im Früstadium eines Konfliktes vermittelnd einzugreifen.
Beschlossen auf der MV des GAJB NRW am 5.6.1999 in Oberhausen